Und, was denkst du zum Flug?

Mit dieser Frage eröffnete der Prüfungsexperte noch im Cockpit sitzend direkt nach der Landung die Reflexion zum Flug. Ich antwortete, dass ich die Landung nicht als gut empfand. Sie sei zwar sicher und im entsprechenden Bereich erfolgt, aber das Aufsetzen sei etwas hart gewesen. Daraufhin meinte der FE, es sei gut gewesen. Ich konnte nicht richtig einordnen und fragte nach, ob ich davon ausgehen könne, dass ich nicht nochmals einen Flug machen müsse. Oder mit anderen Worten, ob ich bestanden habe.

Bereits um 4:30 Uhr des Prüfungstages liess mich meine Anspannung nicht mehr schlafen. In der Nacht zog eine Kaltfront über uns hinweg und die Wetterprognose für den Vormittag war alles andere als rosig. Daher kontrollierte ich in den frühen Morgenstunden neben DABS, NOTAM und Co. vor allem, was das TAF mit Blick auf die Wolkenbasis und möglichen Niederschlag prognostizierte. Kurz vor Abfahrt zuhause meldete das METAR von Altenrhein auf 1'200 AMSL FEW, auf 1'500 AMSL BKN, auf 1'700 AMSL OVC, aber trocken. Wenn man bis 1500 AMSL schleppen würde, könnte man die «FEW» auf 1'200 AMSL umfliegen; das könnte klappen, dachte ich mir. So checkte ich zum X-ten Mal alle nötigen Dokumente und machte mich auf den Weg zum Flugplatz. Der Schulungsbetrieb dort begann eine halbe Stunde vor dem Prüfungstermin, so hatte ich ausreichend Zeit, das Flugzeug selbst für den Tag bereit zu machen.

Als der FE (Prüfungsexperte) um kurz vor 9:00 Uhr am Flughafenzaun erschien, stieg der Puls noch einmal beträchtlich. Jetzt galt es ernst. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begaben wir uns in den Hangar, setzten uns an einen Tisch und prüften zunächst alle Dokumente. Es war alles da, ich war ein erstes Mal erleichtert. Anschliessend ging es in einer Art Briefing darum, zu zeigen, dass ich in der Lage bin, einen Flug unter Berücksichtigung aller Flug relevanten Aspekte zu planen. Ich orientierte mich dabei an den unzähligen Briefings, die ich bei SWISS erlebt hatte. Ich bereitete das Wetter, die Luftraumstruktur, Sichtflugregeln, Betriebs- & Notverfahren gestützt auf das AFM sowie Spezielles mit Blick auf die Schleppmaschine und das Schulflugzeug vor. Geleitet durch meine Vorbereitungen entstand dabei ein entspanntes Gespräch unter Gleichgesinnten.

Nach rund einer Stunde begaben wir uns an den Startplatz; dort wurde ich über die Prüfungsmodalitäten und den Ablauf unterrichtet. Bald darauf sassen wir im Cockpit. Die beiden vorangegangen Schulflüge dieses Morgens konnten nur bis ca. 1'200 AMSL schleppen und mussten im Schlepp sogar sinken, um den Wolken ausweichen zu können. Nun denn, dachte ich mir, sei’s drum. So arbeitete ich mich wie gewohnt durch die Checkliste, alles war so weit bekannt; das sorgte für Ruhe in mir. Beim Punkt «Schleppauftrag» besprachen der Schlepppilot und ich, dass wir so hoch wie möglich schleppen würden, über die unteren beiden Wolkenschichten bis an die Basis der OVC-Schicht, sodass ein tunlichst langer Prüfungsflug möglich wird; natürlich unter Berücksichtigung der ständigen Bodensicht und der zulässigen Wolkenabstände. Gesagt, getan. Die steife Brise auf die Nase sorgte für einen relativ kurzen Startlauf, der Schlepper und wir hoben einiges vor der Entscheidungslinie ab und stiegen gut weg. Einmal in der Luft, löste sich meine Anspannung sichtlich. Nach vollendeter 8 im Schlepp und Retablieren einer extremen Schleppfluglage tat sich am Himmel eine Wolkenlücke auf. Yes, dachte ich mir, es scheint bis 1'700 AMSL zu reichen. So schleppten wir bis zur Wolkenbasis, wo ich klinkte. Es folgten die Übungen und Manöver gemäss Vorgaben, wobei ich ständig die Wolken im Blick haben und ihnen ausweichen musste. Zugegeben, es war nicht ganz ohne. So verging der Flug wirklich wie im Flug und auf 1'050 AMSL schaltete ich den Funk auf Turm-Frequenz, um mich in den Platzverkehr eingliedern zu können. Wie in den unzähligen Malen zuvor erhielt ich vom Turm die Anweisung «enter CTR via GOLF, next report RH Downwind 28 Grass»; und es schien kein weiterer Verkehr in unmittelbarer Nähe, zum Glück, sagte ich mir. Es folgten das Abkreisen im Abbauraum und der Downwind mit Meldung an den Turm. Dieser meldete «H295, Wind 330 6 kt, Runway 28 Grass, land at your discretion». Darauf entschied ich, die Anfluggeschwindigkeit um die halbe Gegenwindkomponente auf rund 105 km/h zu erhöhen. Ich bog in die Base und sauber auf den Final, die Pistenachse direkt vor mir. Der Gleitwinkel stimmt, die Piste ist frei, wir kommen, sagte ich zu mir. Über den Bäumen im Short Final wurde es etwas turbulent, danach fiel der Wind zusammen, die Geschwindigkeit tat es ihm gleich. - Oh no! - Jetzt Ruhe bewahren und ja nicht zu kurz kommen. So nahm ich die Bremsen etwas zurück und die Nase etwas hoch, sodass ich sicher nicht vor dem Pistenanfang aufsetzte. Das war zu viel. Die Geschwindigkeit ging weiter zurück, also Nase wieder runter, Bremsen weiter zurück. Es schien zu funktionieren. Als wir den Pistenanfang mit knapp einem Meter überflogen, liess ich die Bremsen wieder etwas raus und setzte beherzt mit Heck- und Hauptfahrwerk auf. Das war geschafft. Jetzt galt es «weiterzufliegen», bis das Flugzeug zum Stehen kommt, und den Flügel erst dann sanft zu Boden zu bringen. Gedacht, getan. Als das Flugzeug stillstand, herrschte beinahe andächtige Stille. - Bis: «Und, was denkst du zum Flug?», vom hinteren Sitz zu vernehmen war. - Wie gesagt, er meinte es, sei gut gewesen. Meine Frage, ob ich nochmals einen Flug machen müsse oder bzw. eben nicht, blieb unbeantwortet. Der FE stieg aus, streckte mir seine Hand entgegen und sagte: «Ich gratuliere dir zur bestandenen Segelflugprüfung!»

1. August 2022, Pascal Rotach