Bericht über meinen Segelflug mit Aussenlandung vom 23. Juli 2021

Bericht über meinen Segelflug vom 23. Juli 2021 Seit dem Frühjahr 2021 plante ich einen Flug mit einer Distanz von 50 km (nachfolgend 50er) ab einem definierten Wendepunkt zu fliegen.
Nach diversen Planungen und Überlegungen bezüglich der Machbarkeit entschied ich mich für einen Flug von der Hohen Kugel nach Klosters und wieder an die Hohe Kugel zurück umzusetzen.
Es wurde mir aber nach mehrmaligem Durchdenken und Visualisieren des Vorhabens klar, dass ich zumindest einen Flug zur Erkundung des Flugweges brauchte, bevor ich den richtigen 50er für das Silber C wagen würde. Also meldete ich am 23. Juli 2021 um 11:07h unserer Maule HB-KCE folgendes: «Schlepp an die Hohe Kugel».

Geplant hatte ich einen Flug auf die Südseite der Roten Wand, dann etwas weiter bis zum Spullersee, um dort zu sehen, wo der Weg nach Süden Richtung Klosters führt.
An diesem Tag wurde in der Höhe ein Westwind angesagt, nahezu Blauthermik und ohne Anzeige von Wolkenbildungen.
Nach dem Ausklinken ging es Richtung Damüls nur noch runter, und leider fand ich unterwegs keine Aufwinde. Da dachte ich mir schon, dass sich meine Befürchtung bestätigen könnte, dass ich eine halbe Stunde zu früh gestartet war und die Thermik noch nicht richtig eingesetzt hatte.
In der Region der Ragazer Blanken auf rund 2'200 m Höhe beschloss ich umzukehren und rechnete damit auf dem Rückweg irgendwo doch noch wieder Höhe machen zu können. Dies gelang leider vorerst nicht, bis ich nördlich des Nob auf 1'900 m Höhe plötzlich doch ein leichtes und sachtes Steigen der DG 300 verspürte. Ich war ganz überrascht, doch auch mein Vario zeigte 0.3 m an. Da dachte ich mir, «so ein Glück, jetzt müsse ich auf dem Heimweg nur noch möglichst jeden möglichen Meter mitnehmen, damit ich sicher am Hohen Freschen vorbei, wieder ins Rheintal und dann zurück nach Altenrhein fliegen könne.
Eigentlich stellte ich mich schon darauf ein, dass ich an diesem Tag mein ursprüngliches Vorhaben nicht realisieren werde. Da ich es ja schon einmal zum Steigen brachte, könnte man ja die Gunst des Augenblicks erneut nutzen.
Und tatsächlich, Südlich vom Hohen Matona, gewann ich kontinuierlich an Höhe, liess mich wieder zurück bis auf 2'200 m tragen und flog in dieser Gegend ein paarmal hin und her. Ich wusste, dass ich für den Erkundungsflug bis hinter die Rote Wand an das Breithorn kommen musste. Auch dort besteht normalerweise unter diesen Witterungsbedingungen bzw. um diese Tages- und Jahreszeit ein Aufwind. Ich blieb flexibel und wechselte wieder auf meinem ursprünglichen Tagesplan um.
So wagte ich den Weg Richtung Gerenfalben, Glatthorn und Türtschhorn. Auf nur gerade 2'100 m Höhe sah ich von da keine Möglichkeit die grosse Talquerung an die Südseite des Breithorns zu schaffen. Zudem hätte ich dauernd gegen den Westwind halten müssen, um nicht zu weit nach Osten abzudriften.
Somit beschloss ich wieder zurück in die Region des Nob zu fliegen, denn dort war ich mir sicher, wieder an Höhe gewinnen zu können. So war es auch. Dann wurde mir klar, dass ich wegen des Westwindes, der mich nach Osten versetzen würde, eher westlich die Querung an das Breithorn vornehmen musste.
In der Nähe des Falvkopf kam ich bis auf 2'500 m Höhe und schaffte die Querung – Westwind - genau wie geplant, an der Kellaspitze vorbei, bis ich westlich vom Breithorn auf 2'900 m Höhe den Weg an die Roten Wand und an die Saladinaspitze vorbeiflog. Dort hatte ich noch 2'600 m Höhe – jedoch von Steigen kein Hauch.
Also flog ich wieder zurück an den Formarinsee, um an der Kante wieder Höhe zu gewinnen. Ich wusste vom Flug zusammen mit Markus Hösli - als ich noch Flugschüler war- dass dort ein Bart stehen musste. Ich liess mich wieder steigend nach Westen versetzen und erreichte wieder fast 3'000 m Höhe. «Wenn es dem Tal entlang Richtung Arlberg so hoch hinauf geht, so wäre es durchaus möglich, dass ich es noch bis zum Spullersee schaffe, könnte und dort erkunden, wie die Talquerung nach Süden aussehen würde».
In diesem Moment kamen mir seltene Gefühle hoch: Eine Mischung aus purer Freude und grossem Respekt vor der Aufgabe des 50er. Jeder leidenschaftlicher, aber vernünftigen Flieger (egal ob Gleitschirm- oder Segelflieger), weiss, wovon ich spreche. Jetzt nur nicht in Euphorie geraten, den Kopf beisammen behalten, denn der Flug könnte nur noch lange dauern, dass ein Zurückfliegen möglich bleibe.
Trotzdem zog ich mal noch ein Stück weiter zur Gamsbodenspitze, weil ich feststellte, dass es hier ohne zu Kreisen immer auf der gleichen Höhe weiterging und flog via Zürs an den Arlbergpass.

Bei diesem wunderbaren und sehr herausfordernden Flug kam ich etwas ins Grübeln. Denn so weit entfernt von Altenrhein war ich noch nie allein im Segelflugzeug unterwegs. Es wurde mir nochmals klar, dass ich den weiten Weg auch wieder zurückfliegen musste.
Es war etwa 2 Uhr nachmittags und so nahm ich nochmals den Mut zusammen, denn ich sah im Westen einen riesigen Klotz von Berg, den ich noch erfliegen wollte, um zu sehen, wie es dahinter aussieht. Da ich immer noch eine Höhe von 3'000 m Höhe hatte, gleitete ich also ein Stück weiter.
In der Nähe der Parseierspitze, vor Landeck, flog ich, wie geplant etwas weiter hinter den Berg. Wie sich später herausstellen würde, war dies keine gute Idee, denn da verlor ich nach der Wende rasch 300 m.

Da flog ich wohl doch zu weit ins Lee, denn der Westwind wurde etwas stärker. So machte ich mich weiter auf den Rückweg und wusste schon jetzt, dass ich irgendwo wieder Höhe machen musste, um über dem Arlberg wieder an die Rote Wand zu kommen. Bei einer grossen Alphütte unter mir flog ich einen Kreis, denn ich sah eine Fahne die gestreckt nach oben zeigte.
Aber es gab kein Steigen. Allerdings war es da ziemlich ruppig, ich musste richtig in die Steuerruder, wie noch nie zuvor, und ich machte hier wahrscheinlich meinen zweiten Fehler. Hätte ich an dieser Stelle noch ein paar Runden gedreht, wäre ich allenfalls in einem Aufwind gesegelt und wahrscheinlich wieder über die Bergkannten nördlich gekommen.
Von dort oben wäre der Rückflug möglicherweise gelungen. Immer mehr wurde mir klar, dass ich es nicht mehr über die Bergkanten zur Roten Wand schaffen würde, von dort über die Hochebene zum Breithorn durchschlüpfen könnte, um schliesslich ins Rheintal zu schleichen und in Altenrhein einzutreffen. Somit blieb mir nur noch besonnen mit möglichst wenig Höhenverlust dem Tal entlang nach Feldkirch zu fliegen und von dort noch so weit wie möglich an der nach Westen abfallenden Flanke des Rheintals nach Norden zu fliegen.

«Jetzt nicht zurückschauen, sondern nur noch nach vorne blicken und das Ziel einer sicheren Landung im Auge behalten. Beim Katzenköpfle hatte ich noch 1'550 m Höhe.

Es kam die Hoffnung auf, dass ich doch noch den mir bereits bekannten Aussenlandeplatz in Balgach erreichen werde, und dieser läge bekanntlich in der Schweiz. Das ist für den Rückholer nicht weit von Altenrhein entfernt und ist auch für ihn, bei der bekannten Situation, problemlos zu machen.

Nach ein paar Kilometern Weiterflug bin ich mir aufgrund der Höhe schon sicher, dass ich meine Absicht, nach Balgach auf die mir bekannte Wiese zu fliegen, durchführen kann.
Über Widnau habe ich noch 260 m AGL und ich wollte weder über den Häusern abkreisen, noch mit einem scharfen Einsatz der Bremsen die DG 300 auf den Anfang der doch nicht sehr langen Wiese landen. Ich möchte lieber ganz ruhig weiterfliegen und in einem flachen Anflug ohne starke Steuerausschläge sachte auf der Wiese aufsetzen.
Deshalb fliege ich etwas Richtung Hang bei Heerbrugg, wende nach links, blicke auf die Landewiese, fliege nochmals kurz nach Norden und dann mit einer Rechtskurve in den Endanflug.

Die Landung war erfolgreich, ich lag gerade auf der Wiese und stieg aus. In diesem Moment wusste ich nicht recht, ob ich mich freuen sollte oder über meine Flugfehler hadern. Im Nachhinein überwiegt die Freude und die Gewissheit wichtige Erfahrungen gemacht zu haben.
Auch dass ich in gewissen Situationen doch die richtige Entscheidung gefällt habe und auch rechtzeitig umdisponieren konnte und musste, neue und andere Ziele setzen musste und sie auch erreichen konnte gibt mir etwas mehr Sicherheit. Ohne diese Vorbereitung, hätte ich den 50er vom 6. September 2021 von der Hohen Kugel via Spullersee nach Klosters und wieder zurück an die Hohe Kugel nicht geschafft.

Auch dieser Flug wäre ein Bericht wert, denn auch dieser brachte so manche Herausforderung und führte mich wieder durch eine Gegend, die ich aus der Segelflugperspektive noch nie erleben durfte. Rückblickend habe ich vielleicht auch bei diesem Flug Fehler gemacht, kam dreimal nur mit viel Geduld doch noch weiter. Wäre es gescheitert gewesen, bei erneutem Westwind eher an der Südostseite einer Bergkette oder an der Nordwestseite nach Süden zu fliegen? Wäre es vor Klosters besser gewesen über den Pass direkt an die Südflanke bei Klosters zu fliegen, statt mich an einer Geländekammer weiter nördlich hochzukämpfen. Wäre es bei Madrisa besser gewesen, länger auszuharren und die ruppige Thermik möglichst hoch auszudrehen? War der Entscheid richtig, nicht das Prättigau hinunter zu fliegen, sondern gleich wieder etwa auf dem gleichen Weg zurück quer hindurch an den Spullersee? Jedenfalls landete ich am Schluss bei diesem Flug in Altenrhein und habe den Task erfüllt. Ich nehme ihn gerne als Höhepunkt dieser Flugsaison 2021. Steinach, 1.
 

November 2021 Andreas Graf

Jochens Streckenflugeinweisung mit Heinz

Am Samstag, den 24. April fragte ich bei Heinz an, ob er wohl Lust hätte, mir am Sonntag eine Streckenflugeinweisung auf dem Janus zu geben. Zu meiner großen Freude hatte Heinz nach der Mittagspause auch Zeit dafür und so klinkten wir über Diepoldsau in Richtung Hohe Kugel aus. Was ich in den folgenden fast drei Stunden erleben durfte, gehört zu meinen schönsten Flügen im Alpenraum.

Inmitten einer herrlichen Wolkenentwicklung über majestätischen, schneebedeckten Gipfeln ging die Reise bis nach Klosters und später über Bludenz und das Schweizer Tor zurück.

Ich habe von der Erfahrung eines versierten Alpenfliegers (der offensichtlich mit jedem Berg auf „Du“ ist) auf die schönste Art profitieren dürfen und fühle mich jetzt auch für einen Solo-Abstecher in die nähere Schweizer Bergwelt wesentlich besser gerüstet.

Obwohl die technische Entwicklung von Segelflugzeugen seit der Einführung des Janus-Baumusters in großen Schritten weiter gegangen ist, war ich von diesem Doppelsitzer sehr angetan. Das Flugzeug ist für seine Größe handlich, liegt satt im Bart (man muss es nur machen lassen) und die Wölbklappen optimieren die Leistung in jeder Flugphase. Sie entfalten ihre Wirkung sehr angenehm und harmonisch, kurz um, ich war begeistert von Flug, Flugzeug und Coach.

Nachdem wir auch zeitweise verbissen um Höhe gekämpft hatten, sind wir letztendlich mit genügend „Luxus-Metern“ abgeflogen und schossen mit maximal negativen gestellten Wölbklappen mit über 200 km/h über Grund jet-gleich über das Rheintal und das Appenzell zurück. Es war ein Sonntag, den ich noch lange in bester Erinnerung haben werde.

Mit Fliegergruß, euer Jochen